Unser letzter Akt in Bulgarien war unsere Winterkleider loszuwerden. Wir haben sie in einem Packet nach Kirgistan zu einem Couchsurfer geschickt. Das ist schon sehr genial, da schreibt man eine Person in einem fernen Land in Zentralasien an und fragt ob man im Herbst vorbeikommen kann und ob er unser Packet solange lagern kann. Antwort: „Klar, schickt es mir zu und kommt im Oktober vorbei!“ Tja, das ist auch ein Teil unserer Reise und von Reisenden: „Vertrauen!“ Ja, wie vielen Menschen haben wir auf unserer Reise schon vertraut. Sei es um nach dem Weg zu fragen, als wir eingeladen wurden, in irgendein Haus, zum Kaffee, zum Essen oder zum Übernachten. Der Reisende vertraut darauf – logisch, mit einer gewissen Intuition – dass alles gut kommt und dass nichts passiert. Und bis jetzt kam auch alles gut.
Auch die Grenzüberquerung von Bulgarien in die Türkei verlief locker. Wir wurden zwar zwei Mal von den Bulgaren und drei Mal von den Türken kontrolliert, aber ohne Zwischenfälle. In der riesigen Grenzanlage haben wir auch mit einem Fahrer eines Buskonvois gesprochen, der mit Hilfsgüter von England aus Richtung Syrien unterwegs ist. Da geht die Hilfe mitten ins Krisengebiet – Hut ab!
Nun sind wir also in der Türkei unterwegs, mit unseren Rucksäcken, die nun 2-3 kg leichter sind. Edirne, die grösste Stadt in Ostthrakien ist dann schnell erreicht. Ostthrakien ist der europäische Teil der Türkei, welcher von der Grenze Bulgariens bis nach Istanbul reicht. Und in Edirne, ja, da ist Leben auf den Strassen! Die Gassen sind voller Menschen, es wird geredet und gelacht, eingekauft, gegessen, Cay (Tee) getrunken… echt toll. Wir werden auch gleich zwei Mal freundlich gefragt, wo wir hin wollen und ob wir Hilfe brauchen. Sehr nett! Wir quartieren uns bei Ertunc, einem weiteren Couchsurfer ein und erkunden gleichdarauf die Stadt. Zwei riesige Moscheen prägen das Stadtbild, die Selimiye Moschee, welche 1575 fertiggestellt wurde und vier riesige, 71 m hohe Minarette hat. Die andere grosse Mosche, die „alte Moschee“ ist von 1414, einer Zeit wo Edirne die Hauptstadt des Osmanischen Reiches war. Beides sehr eindrückliche Gebäude und wir lernen mehr und mehr von der für uns doch noch fremden islamischen Religion und Kultur.
Später schlendern wir durch den Pazar/Markt wo es einfach alles fürs tägliche Leben gibt. Auch viel Esswaren. Berge von Erdbeeren und Kirschpflaumen werden angeboten, da können wir nicht wiederstehen. Ein kg Erdbeeren für 1.60 Euro! Abends gehen wir mit Ertunc essen, dabei sind auch Pello und Virginia, zwei Spanische Couchsurfer aus dem Baskenland. Es gibt „ Edirne cigeri“, Lammleber mit vielen feinen Saucen, gerösteten roten Chillischoten, grünen kleinen, höllisch scharfen Chillis, Tomaten und rohen Zwiebeln – köstlich… Tags darauf gönnen wir uns eine Wanderpause, mieten Fahrräder und gehen radeln. Zu fünft besuchen wir den alten Bahnhof von Edirne, wo früher der Orient Express auf dem Weg von Paris nach Istanbul Halt gemacht hat. Ja und so eine Dampflokomotive inklusive einem Wagon steht dann auch noch auf den alten Geleisen.
Die nächsten 5 Tage wandern wir quer durch Thrakien, entlang der Schnellstrasse, die aber einen breiten Fahrradstreifen aufweist und wir so ein bisschen Abstand vom Verkehr haben. Die entgegenkommenden Autos und LKWs winken freundlich, hupen und geben Lichtsignal – echt schön, so unterwegs zu sein. Links und rechts der Strasse, in leicht hügeligem Gelände liegen endlose Getreidefelder, alle schön bestellt und gepflegt. Gleich neben uns im Feld wachsen bunte Wildblumen, roter Klatschmohn und viele mehr. Ab und zu machen wir kurze Abstecher in kleine Bauerndörfer und dürfen dort die riesige, herzliche Gastfreundschaft der Türken erleben. Aber nicht nur auf dem Land ist es so; auch in den Städten fühlen wir uns sehr wohl und willkommen. Wir werden des Öfteren zu Cay/Tee, türkischen Kaffee oder sogar zum Essen eingeladen. In Lüleburgaz sitzen wir in einem Kaffee und möchten die Rechnung, da stehen hinter uns zwei Männer auf und meinen, sie zahlen unsere Rechnung – wir seien doch Gäste in ihrem Land. Es ist uns fast nicht recht – aber ablehnen wäre falsch – wir sind begeistert, freuen uns und geniessen diese Herzlichkeit. Danke, çok Teschekkür ederim, Türkye!
In Havsa suche ich wieder mal ein Friseur auf – es ist bitter nötig. Ich kriege einen Sommerhaarschnitt für umgerechnet 5 Euro – super! Und der Friseur entfernt auch wieder mal meine Haare in den Ohren, diesmal mit Wachs! Autsch! Stolz zeigt er mir dann auch, wie viele Haare an dem Wachs kleben. Und die die er nicht gekriegt hat, zupft er danach mit der Pinzette aus meinen Ohren raus – zweites Mal Autsch! 🙂
Zwischen Hasovo und Babaeski kommen uns vier vollbepackte Fahrradfahrer entgegen, es sind Shane, Lisa, Eric und Joel, eine sehr nette Familie aus dem Westen von Kanada. Sie sind von Venedig bis Istanbul geradelt, und nun wieder nordwestlich Richtung Schweden unterwegs. Hier sind ihre Abenteuer: www.slej-adventures.blogspot.ca
Dann kommt langsam der Moment, auf den wir schon eine Weile gewartet haben – Das Meer ist nicht mehr weit. Zuerst sieht man am Horizont keine Berge mehr. Dann ein leichtes Flimmern am Horizont, der Weg geht nur noch abwärts und wir können das Meer schon fast riechen. Das Flimmern wird langsam zu einer grossen blauen Fläche und da ist es: das Meer! Genauer gesagt das Marmarameer, welches zwischen den Dardanellen und dem Bosporus liegt, bzw. zwischen der Ägäis und dem Schwarzen Meer. Satt blau und friedlich liegt es vor uns und wir können es nicht erwarten, unsere Füsse darin abzukühlen.
Nun ist auch Istanbul nicht mehr weit die 14 Millionenstadt wartet auf uns…
Ps.:
Vergesst bitte nicht den Grund unserer Reise. Wir freuen uns über jede Unterstützung.
Spendenkonto:
World Vision Österreich
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Bitte unbedingt das Kennwort angeben: „Thewalkofourlife“
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Vermerk „walk of our life“
Sali zäme,
Bin gespannt auf weitere Berichte.Recht herzlichen Dank und alles Gute. Denke viel bei der Muttergottes an Euch. Lieber Gruss aus dem sonnigen Wolfwil
hallo ihr beiden,
super das bei eurer Reise alles so super läuft! wir freue uns das es euch gut geht, weiterhin alles gute! und danke für eure Berichte über dieses einmaliges Abenteuer
liebe Grüsse aus einem s……..kalten Radfeld
Hallo Ihr Beiden!
Hier im Salzkammergut in Österreich ist es ziemlich kalt und regnerisch. Eure Fotos aus der Türkei sprechen eine andere Sprache und wir sind es Euch vergönnt. Wenn schon jeden Tag wandern, dann auch bei schönem Wetter. Als kleine Motivation möchten wir Euch mitteilen, dass wir am 13.Juni unseren gemeinsamen Hunderter (50&50) feiern und von unseren Gästen, anstatt großen Geschenken eine kleine Geldspende für Euer Projekt erbitten. Wir sind schon sehr gespannt, ob wir Euch eine kleine oder eine große Freude bereiten dürfen. Wir halten Euch am Laufenden…
Weiterhin viel Spass, gute Gesundheit und Buen Camino wünschen Euch Maria und Wolfgang
Zuerst einmal ein ganz herzlichen Dankeschön für die tollen Berichte – einfach genial, lesenswert! Und dann – danke für die Erinnerung zum eigentlichen Grund der Reise -, bin bereits auf dem Weg zur Bank….
Weiterhin alles Beste aus dem nasskalten, verregneten Kufstein
wünscht Christine
Gestern hatten wir am Brenner Wintereinbruch:
http://www.tt.com/panorama/verkehr/10042075-91/wintereinbruch-brennerautobahn-in-richtung-s%C3%BCden-gesperrt.cs
Hallo Simon und Christoph.,
Es ist spannend von Eurer Reise durch die Türkei mit den hilfsbereiten und freundlichen
Menschen neues zu erfahren!
Ich wünsche euch weiterhin alles Gute und
geniesst den Posporus!
Regi Büttiker