Im Ferganatal

Kamchikpass 1

 

Das Ferganatal ist das am Dichtesten besiedelte Gebiet Zentralasiens. In dem Tal, das ca. 300km lang und 110 km Breit ist, leben mehr als 10 Millionen Menschen, nicht nur Usbeken, sondern auch Kirgisen, Tadschiken und Tataren. Und, es kam in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder zu Konflikten unter den verschiedenen Volksgruppen, die letzten Auseinandersetzungen waren im Jahr 2010. Jetzt soll die Lage aber ruhig sein.

Um ins Ferganatal zu gelangen, müssen wir über den 2268 Meter hohen Kamchikpass überqueren. Die Strasse schlängelt sich den Berg hoch und wir kommen nur sehr langsam Richtung Passhöhe. Ein Strassenschild zeigt die Distanzen zu den nächsten Städten an, und da steht es dann auch, weiss auf Blau: Kashgar in China, 907 km. Das Ziel unserer Fussreise! Ein komisches Gefühl, nach über acht Monaten unterwegs ist das Ende unserer Fernwanderung schon ganz nahe gekommen. Nur noch ca. einen Monat und wir werden in China sein. Oben angekommen hat es dann nicht wie bei uns überall ein Restaurant, oder eine Höhentafel, es sind nur Felsen und die staubige Strasse. Und aus dem Nichts heraus, steht dann plötzlich ein Kämpfer vor mir! Ein Soldat, mit Maschinengewehr, Helm, Gesichtsschutz – ich bin echt erschrocken, was will den der von mir? Nun gut, passiert ist nichts, es ist ein Checkpoint und er kontrolliert halt einfach wieder alles, Pass, Visum, und meine Kamera, wo er alle Fotos durchschaute. Darauf erklärte er mir, dass man hier keine Fotos machen darf, das sei absolut verboten, da wir hier im Grenzgebiet zu Kirgistan in Norden, und Tadschikistan im Süden sind. Auch Christophs Videokamera wird durchgeschaut. Danach dürfen wir passieren. Ok, das fängt ja schon gut an…

 

Noch 907 km bis Kashgar

Unten im Tal ist es aber dann richtig friedlich. Wir wandern durch eine eher ländliche Gegend, es ist sehr grün, hat viele Felder und Bewässerungskanäle, aber auch immer wieder kleine und grössere Dörfer und Städte. Irgendwo müssen die Millionen Menschen ja wohnen. Oh, und hier im Ferganatal in der Nähe der Stadt Kokand erreichen wir unseren 5000 Kilometer! Gewaltig, wieder ein Tausender geschafft!

In Bagdad, einem kleinen Dorf – klein heisst hier so mehrere 10‘000 Einwohner – treffen wir Nasrullo, ein junger Collegeschüler, welcher recht gut englisch spricht. Er lädt uns umgehend zu sich nach Hause ein und meint, wir können auch bei ihm übernachten. Super, danke, und schon sitzen wir bei seiner Familie im Garten und es gibt Tee, frisch geerntete Trauben, Käse und Brot. Sein Vater schenkt uns auch zwei Tjubetejka – das sind die klassischen usbekischen Kopfbedeckungen, quadratische Mützen die im Kleinen an eine Jurte erinnert. Nun, da Nasrullo uns auch seiner Englischlehrerin vorstellen möchte, besuchen wir auch diese Familie, und werden dort erneut verpflegt. Später sind wir noch bei einem Kollegen von Nasrullo eingeladen, dort gibt es zuerst einen Snack, und bei der Familie werden wir dann auch übernachten. Zuerst geht’s aber noch auf Besuch zu einem weiteren Lehrer, bei ihm gibt’s es dann einen riesigen Teller Plov – das ist ein Reis mit Fleisch und Gemüse und quasi das Nationalgericht der Usbeken. Der Lehrer meint dann auch, wir sollten unbedingt morgen seine Schule besuchen. Ja, machen wir gerne. Später geht es wieder zurück in das Haus wo wir übernachten werden und auch dort gibt’s nochmals ein Abendessen – stopp, wir können gar nicht so viel essen! J Übersatt legen wir uns dann im späteren Abend schlafen. Das viele Essen rächt sich dann bei mir – mein Magen tut nicht gut und ich eile mehrmals mitten in der Nacht aufs Klo. Nun, das wäre ja nicht so schlimm, doch die Toilette ist ein Plumpsklo, draussen auf der anderen Seite des Gartens, und ohne Licht, also jedes Mal aus dem Haus treten, Schuhe anziehen, Taschenlampe an und quer durch den Garten rennen…

 

In der Schule in Bagdad 1

Am nächsten Tag besuchen wir die Schule in Bagdad und die ganze Lehrerschaft begrüsst uns. Wir plaudern über unser Projekt, aber auch über Usbekistan, das Schulsystem und über den Präsidenten, der hier scheinbar von allen richtig geliebt wird. Er mache viel Gutes für das Land, und habe dem Land die Sicherheit gebracht. Auch die ewigen Kontrollen durch die Polizei werden gut geheissen – es ist so für alle sicher, das muss so sein… Später schauen wir noch bei einer Schulklasse vorbei, und haben genügend Zeit, den Kids und Jugendlichen Rede und Antwort zu stehen. Und auch wir erfahren vieles von ihnen; was sie für Träume und Ziele haben und wo sie mal leben und studieren möchten.

Weiter geht unsere Wanderung durchs Ferganatal und wir sehen, wie auf den Feldern nun die Baumwolle geerntet wird. Es sieht nach einer anstrengenden Arbeit aus, den ganzen Tag von Strauch zu Strauch gehen und die einzelnen Baumwollbüschel zu zupfen.
In Andjian, in der letzten grösseren Stadt in Usbekistan kriegen wir dann nochmals richtig die Polizeikontrollen zu spüren. Es ist schon abends, wir sind im Hotelzimmer und es klopft .Vor der Türe stehen zwei Polizisten, die uns einige Fragen stellen wollen, so übersetzt uns der Hotelpage; und schwups, schon stehen sie mitten im Zimmer. Wir zeigen wiederum Pass und Visum, aber vor allem interessiert sie unsere Fotos. Unter dem Vorwand, sie möchten mehr von unserer Reise wissen, schauen sie auf meiner Kamera kurzerhand aber sehr exakt über 1000 Fotos durch, auf der Suche nach einem verdächtigen Bild. Nachdem sie halt nichts gefunden haben, kein Bild einer Militäranlage, Grenzstation, Brücke oder Flughafen, sind sie dann auch schnell wieder weg. Nur unsere Pässe müssen wir erneut abgeben, scheinbar müssen die nochmals kopiert werden. So, jetzt ist aber irgendeinmal genug mit den ewigen Kontrollen!

 

Baumwollernte 3

Tja, und dann ist unser Monat in Usbekistan schon fast vorüber. Am letzten Tag geht unser Weg auf einer steinigen Piste bis zur Grenze zu Kirgistan. In der Ferne grüssen schon hohe Berge. Wie wird wohl die Grenzkontrolle? Wir stellen uns auf eine halbe bis dreiviertel Stunde ein… J

Ja, Usbekistan war schön! Wir haben alte, historische Städte besucht, fantastische Gebäude und Plätze bestaunt und durften die herrliche usbekische Gastfreundschaft geniessen. Wir wurden überall herzlich aufgenommen, viel beschenkt und eingeladen; wir sagen DANKE, Usbekistan!

Und wir sagen an der Stelle auch euch Lesern Danke für eure Treue! Wir hoffen, wir konnten euch auch ein Stück Usbekistan nach Hause schicken und euch mit auf unsere Reise nehmen. Seid auch weiterhin dabei, auf unseren letzten paar hundert Kilometer, und vergesst bitte auch unser Projekt nicht, wir sagen jetzt schon herzlichen Dank für jede Spende. hier unsere Konto Nummern:

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Vermerk „walk of our life“

 

 

 

6 Kommentare

  1. Hans-Werner Bertram

    „Reisegruppe trifft Wolfwiler Fernwanderer in der trostlosen Steinwüste“ heißt der Text in der Solothurner Zeitung. Ich hatte euch bei unerem Treffen (deutsche Reisegruppe) versprochen, euer Projekt und euer Abenteuer zu veröffentlichen. Mein Honorar geht an die Stiftung. Ihr seid ohne große Probleme, abgesehen von der fehlenden Winterbekleidung gesund in Kirgisistan gelandet. Für den restlichen weiten Weg good luck! Liebe Grüße aus Hannover (Deutschland) Hans bertram

  2. Hallo Christoph, hallo Simon! Auch ich bin eine Teilnehmerin der kleinen Usbekistan-Reisegruppe aus Deutschland. Ich traute meinen Augen nicht, in den Bergen des Fergana-Tales 2 Wanderer zu treffen. Eure Freude war eurer Ausstrahlung abzulesen! Ihr beeindruckt mich mit eurer Wanderroute! Menschen wie ihr, die notwendig Ver-Rücktes tun, um aufmerksam zu machen, die etwas wagen, einsetzen; zeigen, was Mensch-möglich ist, und d a s braucht diese Welt!
    Ich bedanke mich, verneige mich voll Hochachtung, beglückwünsche euch und wünsche euch weiterhin allen Segen, alle Kraft, gutes Wetter, hilfreiche und verständnisvolle Menschen, und immer einen, der eure Schuhe repariert und euch ggf. Brot und ein Bett zur Verfügung stellt!
    Ich werde weiter in diesem blog lesen und freue mich schon auf den nächsten Bericht.
    USBEKISTAN ist eine Reise wert! CHINA ebenso! Begegnungen lassen verstehen.

    Liebe Grüße, Paula aus dem Nationalpark Eifel
    Wie schön, dass wir euch betroffen haben!

  3. Maria und Wolfgang

    Lieber Christoph, lieber Simon!
    Einfach toll, wie Ihr die km herabspult und bereits über 5000 in den Schuhen habt. Wir fliegen am 30.9. nach Spanien und werden wieder ein paar hundert km auf der Via de la Plata machen. Daher wissen wir genau, welch unvorstellbare Leistung Ihr beide erbringt! Wir werden viel an Euch denken und gedanklich dann im Gleichschritt immer wieder bei Euch sein…
    Liebe Grüße aus Österreich bzw. dann vom Jakobsweg und ein herzliches Buen Camino von Maria und Wolfgang

  4. Hallo.
    Ich bin einer aus der deutschen Reisegrupee die ihr vor 1 1/2 Wochen auf dem Pass ins Ferganatal getroffen habt. Ihr seid tolle Burschen und ich wünsche euch weiter eine gute zeit und … Hut ab vor eurer Leistung.

    Gruss

    Michael

  5. L. Christoph, l. Simon!
    Nicht nur ich bin froh, dass Ihr das Fergangtal „gut hinter Euch gebracht habt“ und auch dort wieder nette Menschen kennengelernt habt. ……. daher ist wieder mal eine „Unterstützung“ fällig ……. hab ich eben erledigt.
    Weiterhin alles Gute für Euch, ohne besondere Schikanen und ohne gesundheitliche Probleme. L.G. Elfi

  6. Wingeier Elisabeth

    Herzlichen Dank für den interessanten Bericht! Ich habe ihn mit grossem Interesse gelesen und muss sagen, was ihr da schon alles erlebt habt. Das ist enorm! Ich wünsche euch weiterhin alles Liebe und Gute und schicke euch ganz viele Schutzengel mit, welche schützend die Hand über euch halten. Bis bsld und tragt Sorge zu euch. Herzlichst Elisabeth

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