Eine Seefahrt die ist lustig, eine Seefahrt die ist schön…

Am Hafen 1

 

So, nun stehen wir also im Hafen von Alat, 70 km südlich von Baku, vor dem Zoll und der Grenzkontrolle – das Abenteuer Seefahrt kann beginnen. Die Zollformalitäten sind schnell durch und wir gehen an Bord von dem riesigen Frachter namens „Nachtswhan“, ein alter Frachter aus der Sowjetzeit, der kann LKW’s und ganze Züge laden. Aber der ganze „Bauch“ des Schiffes ist noch leer – das kann wohl noch eine Weile dauern. Wir werden von einigen Aserbaidschanischen Jungs in Empfang genommen, die machen hier auf dem Schiff als Mechaniker ihr Praktikum, und zeigen uns unsere Koje. Naja, kleiner Raum, zwei Betten, eine Dusche und Klo, und ein Bullauge mit Blick aufs Meer; was wollen wir noch mehr. Nun gut, es ist nun Mittwoch, 17:00 Uhr und die Jungs meinen, ca. um acht, oder neun soll es losgehen – oder sonst später… J Wir setzen uns aufs Deck und geniessen den schönen Abend. Später gibt’s einen Tee und wir unterhalten uns mit einigen Aserbaidschanischen Reisenden. Plötzlich eine Durchsage via Lautsprecher: „Alle Passagiere auf ihre Zimmer!“ – eine Hektik entsteht. Wir rennen durchs Schiff. „Was ist denn los?“ „Es brennt!“ In einer Koje in unserem Gang scheint etwas zu Brennen/Glimmen, und diese Koje sei verschlossen. Naja, als wir unten ankamen, roch es verbrannt, die Koje konnte geöffnet werden, der Glimmbrand gelöscht und es kehrte wieder Ruhe ein – na das fängt ja schon gut an. :-o. Später kommen noch drei Engländer aufs Schiff. Ed, der mit seinem Motorrad Richtung Australien unterwegs ist, und Leon und Rhize, die beiden wollen mit ihrem Opel Corsa in die Mongolei. Wir kraxeln gemeinsam aufs Oberdeck und haben eine gute Übersicht über den Hafen. Züge rollen heran aber es dauert eine Ewigkeit, bis da die langen Wagonreihen ins Schiff rollen. Die Engländer haben Bier dabei und so machen wir es uns hier mal gemütlich. Die Aserbaidschanischen Jungs bringen Spielkarten und es wird gemischelt und verteilt. Leider sind die Regeln ihres Spieles höchstkompliziert – etwa so kompliziert wie die Regeln von Cricket – und wir verstehen so ziemlich nichts, geben Karten aus und nehmen auf, am Schluss hat irgendwer gewonnen wir können fast nicht mehr vor Lachen!

Schon weit nach Mitternacht liegen wir immer noch im Hafen, und da es in unserer Koje Temperaturen wie in einer Sauna herrschen, beschließen wir alle, oben auf Deck zu schlafen. Wir machen es uns bequem und bald falle ich ins Traumland. Um etwa vier Uhr werde ich wach, eine steife Brise weckt mich, oh, und es ist dunkel um uns – wir sind tatsächlich gestartet, die Küste ist schon 10 km weg, und über uns ein gigantisches Sternenmeer. Herrlich! Ich genieße eine Weile die wunderbare Aussicht in die Unendlichkeit und bald schon fängt es im Osten an zu dämmern und eine blutrote Sonne erscheint am Horizont und beleuchtet das Meer und viele alte Ölbohrinseln, die hier vor der Küste liegen. Ich gönne mir dann noch ein paar Stunden Schlaf, doch so gegen acht Uhr wird der Wind so stark, dass man alles festhalten muss, sonst ist es weg – bei meiner Hülle der Liegematte war ich zu wenig schnell und die schwimmt nun irgendwo im Kaspischen Meer. Naja, egal. Aber so ein starker Wind lässt uns dann doch wieder unter Deck gehen.

 

unser Frachter

Gegen 14:00 steuern wir Baku an – toll, da waren wir doch gestern schon. Eine Zollkontrolle kommt ans Schiff und klärt die Ladung – Routinearbeit – bald sollte es weitergehen. Doch der Anker wird nicht gehoben, der Wind immer stärker und wir erfahren von den Jungs, dass wir wegen der stürmischen See wohl erst morgen Abend weiterfahren können. Oh, wir sind gestrandet. Naja, wir haben ja quasi Vollpension und durch die Nähe zur Küste noch etwas Wlan – Gott sei Dank J. So bleibt halt mal nichts anderes übrig als zu warten… Das mit der Vollpension ist dann aber etwas mager, das Essen ist einfach und meistens kalt; das ginge ja alles noch, aber wir sollten sogar noch pro Mahlzeit dafür bezahlen: „10 Dollar!“ heisst es. „Ja, geht’s noch?“ Da wir nicht zahlen ist der Koch schon mal sauer und wir werden in den zwei folgenden Mahlzeiten immer schlechter bedient. Der Gipfel ist dann, dass es als Mittagessen einen Teller voll kalte, blanke Spaghetti mit Joghurt gibt. Das passt auch einem aserbaidschanischen LKW Fahrer nicht und liest dem Koch in seiner Landessprache mal lautstark die Leviten. Und dass die Engländer auf Deck selber kochen, wird fotografisch festgehalten und gemeldet. So, und plötzlich klappte es mit dem Essen. Es wurde zwar nicht viel besser, aber zumindest gab es auch Limonade und ab und zu einen Tee, ohne dass wir betteln müssen. Und das mit dem Zahlen ist auch vom Tisch.

 

Ed kocht Abendessen

Unser Schiff legt dann aber erst am darauffolgenden Morgen ab, wir waren so zwei Tage am Warten. Wir verlassen die Bucht von Baku und es geht raus in die Weiten des Kaspischen Meeres. Die See hat sich beruhigt und wir machen ca. 15km pro Stunde; das sind … keine Ahnung wie viele Knoten, aber so sollten wir am Sonntag Morgen in Aqtau sein.

Fast den ganzen Nachmittag verbringen wir dann auf Deck und sind einfach nur am Geniessen. Ja, so eine Seereise hat etwas. Unser Frachter kämpft sich ruhig aber mit einer gewaltigen Kraft gemächlich durch die unendlichen Wellen und Wogen. Um uns herum stahlblaues Wasser bis zum Horizont, ein leichter Wind, der sich in einem ewigen Spiel mit dem Meer befindet, und durch den teils bewölken Himmel kommen ab und zu Sonnenstrahlen durch. Wir kommen uns sehr klein vor, klein, aber irgendwie gehören wir mit unserem Frachter dazu, als ein Teil vom grossen Ganzen. Gegen Abend versinkt dann die Sonne im Kaspischen Meer und der Himmel färbt sich in ein glühendes Meer. Ich kann verstehen, wenn Menschen zur See fahren und danach nie mehr davon weg kommen – es hat etwas Magisches…

 

chillen 3

Am Sonntagmorgen erreichen wir dann die Kasachische Küste und die Stadt Aqtau ist nicht mehr weit. Im Hafen von Aqtau angekommen, hilft uns dann ein kleiner Kutter, um den rundherum alte LKW Reifen befestigt wurden, unseren Platz an der Anlegestelle sicher zu erreichen. Er schiebt quasi unser tausende von Tonnen schweres Schiff quer durchs Hafenbecken. Dann legen wir an – wir sind da! Aber noch lange nicht an Land! Nun beginnt die postsowjetische Bürokratie und wir warten geschlagene 4 Stunden, bis wir durch die Passkontrolle, welche auf dem Schiff eingerichtet wurde, durch sind und wir von Bord können. Dann geht’s aber nochmals durch den Zoll und weitere Gebäude am Hafen und um 16:00 Uhr sind wir dann endgültig draussen, bzw. drin in Kasachstan, ein neues, riesiges Land liegt vor uns. Tja, wir haben vier tolle Tage auf See hinter uns, es war echt ein Abenteuer! Weiter geht’s, Richtung China…

 

Morgenstimmung 1

2 Kommentare

  1. Maria und Wolfgang

    Liebe Weitwanderer!
    Einfach Unglaublich, welche Abenteuer Ihr bereits gemeistert habt und sicherlich noch vor Euch habt. Wahrscheinlich liefert Ihr gerade den Stoff für die nächste Indiana Jones Verfilmung…
    Wir sind mit Feuereifer am Lesen Eurer Etappenberichte und wissen genau, dass Euer Weg gesegnet ist.
    Buen Camino und liebe Grüße von Maria und Wolfgang

  2. Hallo ihr zwei ist lange her seit Januar in Triengen und trotzdem geht die Zeit so verdammt schnell vorbei!Haltet die Ohren steiff alles gute!

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