Schon die Zugfahrt nach Lhasa ist ein Highlight. Ab Xining geht es zuerst westwärts, dann kurz entlang der Taklamakan Wüste, bevor es dann kontinuierlich südlich Richtung Tibetisches Hochland geht. In unserem Wagon hat es Anschlüsse für die Sauerstoffversorgung – ja, die Zugsfahrt wird uns hoch hinaus bringen: 5072 müM ist der höchste Punkt und somit ist dies die höchste Bahnstrecke der Welt. Wir fahren durch eine karge, baumlose Gebirgslandschaft und können nur erahnen, wie hart das Leben in diesen kleinen Dörfern ist, welche alle über 4000müM liegen. Es wird Abend und es ist Zeit fürs Essen: Üblicherweise macht man sich im Zug eine Nudelsuppe. Diese Nudeln in Einwegtöpfen mit Gewürzen, Sauce und sogar Besteck kann man überall an den Bahnhöfen kaufen und mit dem heissen Wasser, das im Zug in jedem Wagon zur Verfügung steht, ist die Suppe eins zwei fertig. Schmeckt sehr würzig, ein bisschen künstlich, aber mir passt‘s… J
Am nächsten Morgen geht die Fahrt weiter durch das Hochland und gegen Mittag erreichen wir Lhasa, die Hauptstadt der autonomen Provinz Tibet. Wir sind da – wir sind auf dem Dach der Welt! Gut, als erstes werden wir am Bahnhof gleichmal von der Polizei kontrolliert, ob wir auch ein gültiges Permit haben; die Reiseerlaubnis, welche wir in Xining organisierten. Es ist alles ok, wir dürfen passieren. Draussen werden wir von Norbo abgeholt, er ist unser Guide für die nächsten Tage. Jep, man darf Lhasa nicht ohne Touristenführer besuchen, man kommt gar nicht zu den Hauptsehenswürdigkeiten hinein und ausserhalb Lhasas darf man sich sowieso nicht alleine aufhalten – für Touren Richtung Mount Everest basecamp und so braucht man ein weiteres Permit und ebenso einen Führer. Man dürfe in Lhasa nicht einmal alleine Bus fahren! Jaja, die Chinesen nehmen es genau! Da ist ein riesiger Konflikt zwischen den Han-Chinesen und Tibeter im Gange und die Tibeter werden in unseren Augen schon unterdrückt. Sie haben grundsätzlich keine Pässe und können daher nicht ins Ausland reisen. Und die Chinesische Polizei ist in ganz Lhasa und vor allem in der Altstadt allgegenwärtig. Will man auf den Hauptplatz zum Jokhang Tempel, so muss man jeweils durch einen Kontrollposten, wo man durchleuchtet wird und mehrheitlich die Tibeter, so scheint es, werden speziell kontrolliert.
Auf den Hauptplatz gehen wir dann auch als erstes hin, nachdem wir uns in einem kleinen Hotel eingecheckt haben. Und mitten in der Altstadt treffen wir dann sogleich auf hunderte tibetische Gläubige, die den Jokhang Tempel umrunden. Junge Menschen, aber vor allem ältere Herrschaften mit runzligen Gesichtern und sonnengegerbter Haut. Viele sind traditionell gekleidet, in Schafwollumhänge und langen Mäntel; die Meisten mit einer Gebetsmühle in der Hand, die kontinuierlich gedreht wird und dazu werden die Mantras, die Gebetsprüche in einer ewigen Wiederholung gebetet. Die Männer oft mit wildem Haar, manchmal mit Hüten wie Indiana Jones, die Frauen mit langen Haaren die zu hunderten von Zöpfen zusammengebunden sind. Die Tibeter scheinen uns ein sehr gläubiges Volk zu sein. Viele legen sich mitten auf dem Weg zum Beten flach auf den Boden und fahren dann mit den Händen nach vorne. Dann erheben sie sich, gehen zwei Schritte und legen sich wieder auf den Boden. Dieser Vorgang machen Pilger zum Teil über weite Strecken, wenn sie von ihrem Wohnort nach Lhasa pilgern – zum Teil bis zu 3000km weit.
Auch die vielen Tempel die wir besuchen, sind voller Tibeter, die andächtig die verschiedenen Buddhas und Statuen von früheren Könige Tibets verehren und überall kleine Geldscheine spenden. Auch an vielen Bedürftigen wird gespendet. Dann haben viele Gläubige auch Yakbutter Stücke oder direkt flüssige Butter in Thermosflaschen dabei. Diese Butter legen oder schütten sie in die riesigen Kerzenschalen, die an vielen Orten in den Tempeln stehen. Wir waren einmal in einem Raum, der von sicher 2000 Kerzen erleuchtet war und darin war es so heiss wie in einer Sauna.
Einen ganz speziellen Ort konnten wir mit Bobo, einem älteren Tibeter besuchen. Er sprach uns auf dem Hauptplatz vor dem Jokhang Tempel an und zeigte uns spontan, mitten in der Altstadt ein fast verstecktes, aber recht grosses Gebetshaus mit Innenhof und diversen Räumen. Überall in den kleinen Zimmern waren ältere Menschen am Beten und Meditieren. Nur Kerzenlicht erhellten die grossen und kleinen Buddhastatuen und es lag irgendwie eine ganz mystische Stimmung in der Luft, geheimnisvoll, ja fast magisch. Wir fühlten uns an dem Ort wie 500 Jahre zurückversetzt.
Mit unserem Guide besuchen wir neben der Drepung Monastry, wo früher bis zu 10000 Mönche lebten, auch die Sera Monastry, wo wir Zeuge werden, wie sich Mönche sich gegenseitig in der Buddhistische Lehre abfragen und immer wieder lautstark in die Hände klatschten, bei einer richtigen Antwort, und fast bedrohlich reagieren, bei falschen Antworten.
Das absolute Highlight in Lhasa ist aber dann der Besuch des Potala Palast! Das ist der Winterpalast des Dalai Lama und DAS Gebäude in Lhasa! Der Palast thront richtig auf einem Hügel über der Stadt und besticht mit seinen einzelnen roten und weissen Gebäudeteilen, Türmen und Treppenaufgängen – man kann sich fast nicht satt sehen. Schon im 7. Jahrhundert begann man mit dem Bau und durch den 5. Dalai Lama erhielt es im 17. Jahrhundert seine jetzige Grösse. Der Palast ist riesig – scheinbar gibt es 999 Räume. Wir besuchen Zimmer wo der Dalai Lama früher ausländische Gäste empfing, wo er lehrte und selber meditierte. Dann weitere Räume wo riesige Buddhastatuen, einige Stupas und Gräber der früheren Dalai Lamas zu sehen sind. Prächtige, riesige Gemälde sind direkt auf die Wände gemalt, daneben Holzschnitzereien, alles in matten natürlichen Farben, dazu hunderte von Statuen, Kerzen, Schriften und alte Bücher – all das macht jeden Raum zu einem kleinen Meisterwerk. Auch abends ist der Potala Palast wunderschön. Hell erleuchtet und fast majestätisch. Und allein so auf dem Hauptplatz vor dem Palast zu stehen ist ganz speziell – für mich eines der schönsten Gebäude der Welt!
Unsere Tage in Tibet sind nun leider schon gezählt und morgen fliegen wir von Lhasa nach Kathmandu in Nepal. Wir können nicht den Überlandweg nehmen, da die Strasse seit dem Erdbeben im letzten April immer noch gesperrt ist. Wir freuen uns sehr auf Nepal, auf den Himalaya und auch weil es uns mit sommerlichen 23 Grad empfangen wird – hier nördlich des Himalaya wird es schon langsam kühler – Zeit für uns, auf unserem Weg nach Vietnam in wärmeren Gegenden aufzubrechen.
Hallo Ihr beiden, wünsche euch auch herzlichen Glückwunsch für die Ankunft in China. Wir haben oft von euch gesprochen und eure Berichte waren immer ganz spannend wie jetzt auch über Tibet. Noch eine gute Weiterreise zu eurem nächsten Ziel und kommt mit euren Erfahrungen innerlich reich, wieder gut nach Hause.
Liebe Grüße, Ingrid, Herbert, Richard und Gerhard aus Rust.
What a fascinating journey, I love to follow your progress many thanks for sharing your exotic experiences with us all ……… good luck and good health on your travels, cheers and kindest regards, Kev.